22.12.2021 / Verfasser: Benjamin Zevenbergen

Die Abtretung von Gesellschaftsanteilen nach Ausschluss des Gesellschafters

Viele GmbH-Satzungen enthalten Regelungen über den Ausschluss eines Gesellschafters aus wichtigem Grund, meistens unter gleichzeitiger, beispielhafter Auflistung von wichtigen Gründen, die einen solchen Ausschluss rechtfertigen könnten.

Meistens gehen die Gesellschaftsverträge davon aus, dass der Anteil des betroffenen Gesellschafters eingezogen wird, sehen als Alternative häufig aber vor, dass die Gesellschafterversammlung stattdessen die Übertragung der Anteile des betroffenen Gesellschafters auf die Gesellschaft, einen oder mehrere Gesellschafter oder einen oder mehrere Dritte beschließen kann. Eine solche Alternative kann dann sinnvoll sein, wenn eine Einziehung aus rechtlichen Gründen nicht möglich wäre (z.B. bei nicht vollständig eingezahlten Geschäftsanteilen oder bei einem potentiellen Verstoß gegen den Grundsatz der Kapitalerhaltung) oder wenn eine andere Person für die Übernahme des Anteils bereit steht.

Die Umsetzung dieser "Übertragung" ist allerdings nicht ganz so einfach: es darf nämlich nicht übersehen werden, dass diese dingliche Übertragung auch tatsächlich erfolgen muss. Das kann nur unter Mitwirkung des ausgeschlossenen Gesellschafters erfolgen. Solange dies nicht erfolgt ist, ist er rechtlich nach wie vor als Gesellschafter zu behandeln. Reicht die Gesellschaft dennoch eine aktualisierte Gesellschafterliste zum Handelsregister ein, gibt diese den aktuellen Stand nicht wieder und ist folglich unrichtig, sodass das Registergericht eine Aufnahme der Liste verweigern kann.

Im Fall des OLG München, Beschluss vom 21.06.2021 - 23 W 784/21, erfolgte zwar rechtsfehlerhaft die Aufnahme im Handelsregister; in der Folge wandte sich jedoch der ausgeschlossene Gesellschafter gegen die Eintragung und verlangte die Wiederherstellung der alten Liste.

In seiner Entscheidung stellte das OLG München klar, dass die zum Handelsregister aufgenommene aktualisierte Gesellschafterliste unrichtig war, da es an einer wirksamen dinglichen Abtretung der Geschäftsanteile fehlte. Gleichzeitig erteilte es jedoch dem Begehr des Klägers trotzdem eine Absage: da dieser durch die Satzung zur Mitwirkung an der Übertragung der Anteile - und mithin zum Herbeiführen der Richtigkeit der eingereichten Gesellschafterliste - verpflichtet ist, greift der sogenannte dolo-agit-Einwand des § 242 BGB. Das Verlangen einer Korrektur zurück zur alten Gesellschafterliste war nach der Entscheidung des OLG daher rechtsmissbräuchlich.

Für die Praxis ergibt sich hieraus zum einen, dass ausscheidende Gesellschafter unverzüglich zur Übertragung der Anteile aufgefordert werden sollten. Verweigert der ausscheidende Gesellschafter pflichtwidrig seine Mitwirkung, muss gegebenenfalls dessen Zustimmung zur Abtretung im Klagewege erzwungen werden.

Um das Risiko dieses Zeitverlusts zu begrenzen, kann es, je nach konkreter Ausgestaltung der Satzung und den vereinbarten wichtigen Gründen, im Einzelfall daher Sinn machen, bereits im Gesellschaftsvertrag eine aufschiebend bedingte Zustimmung zur Abtretung von Geschäftsanteilen aufzunehmen. Auf Grund der Fülle von denkbaren Ausschlussgründen erfordert dies jedoch sicherlich eine Prüfung des jeweiligen Einzelfalls.

Benjamin Zevenbergen
Rechtsanwalt

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