16.08.2021 / Verfasser: Benjamin Zevenbergen

Der Gesellschafter-Geschäftsführer, die Sozialversicherungspflicht und die Treuhand

Auch der Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH ist seit der Änderung der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts im Jahr 2015 anerkanntermaßen grundsätzlich abhängig beschäftigt und entsprechend sozialversicherungspflichtig. Dies ändert sich jedoch dann, wenn er Mehrheitsgesellschafter ist - oder zumindest eine umfassende Sperrminorität innehat.

Hintergrund ist der statusrechtliche Zwiespalt, dass er einerseits als Gesellschafter (Mit-)Unternehmer, mithin weder Arbeitnehmer noch Beschäftigter im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB IV, ist, andererseits als Geschäftsführer jedoch weisungsgebunden gegenüber der Gesellschafterversammlung, §§ 37, 45 GmbHG. Wegen dieser Weisungsgebundenheit wird er jedoch grundsätzlich doch als abhängig Beschäftigter im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB IV eingeordnet. Davon wird dann wieder abgewichen, wenn Art und Umfang seiner Gesellschaftsbeteiligung ihm effektiv die Rechtsmacht verleihen, einzelne Weisungen der Gesellschafterversammlung bezüglich seines Handelns zu unterbinden - dann fehlt es nach ständiger Rechtsprechung an der notwendigen Weisungsgebundenheit, so dass er wiederum nicht sozialversicherungspflichtig ist. Dies betrifft nicht nur Mehrheitsgesellschafter, sondern auch Minderheitsgesellschafter, denen in der Satzung eine umfassende Sperrminorität eingeräumt wurde.

Das BSG hat mit Urteil vom 12.05.2020 - B 12 KR 30/19 R nun einen Fall entschieden, in welchem die Geschäftsführerin selbst Minderheitsgesellschafterin war, gleichzeitig aber Treuhänderin für weitere Anteile, die sie in der Summe zur Mehrheitsgesellschafterin machten. Entscheidend ging es daher um die Frage, ob die Eintragung ins Handelsregister als Mehrheitsgesellschafterin für sich alleine genommen ausreichend ist, um eine solche Rechtsmacht zu bejahen, die eine Weisungsgebundenheit ausschließt und mithin die Geschäftsführerin von der Sozialversicherungspflicht befreit, oder ob das schuldrechtlich bestehende Treuhandverhältnis bedeutet, dass die Geschäftsführerin ihr nicht genehme Weisungen eben doch nicht abwenden kann - sie mithin eben doch abhängig beschäftigt und damit sozialversicherungspflichtig ist.

Das BSG hat sich für erstere Auslegung entschieden und betont, dass die schuldrechtliche Treuhandvereinbarung für den sozialversicherungsrechtlichen Status außer Betracht bleibt, obwohl auch im streitgegenständlichen Fall, wie in Treuhandverhältnisse üblich, eine eindeutige schuldvertragliche Weisungsgebundenheit vorlag. Das BSG betont jedoch den Unterschied zwischen der schuldrechtlichen und der unmittelbar gesellschaftsrechtlichen Wirkung und erachtet letzten Endes für entscheidend, wer als Gesellschafter im Handelsregister eingetragen ist.

Für die Praxis bedeutet diese Rechtsprechung, dass auch der Gesellschafter-Geschäftsführer, der sämtliche Anteile nur treuhänderisch hält, von der Sozialversicherungspflicht befreit ist. Auf der Kehrseite zieht dies die Konsequenz mit sich, dass der Treugeber, wenn er selbst von der Gesellschaft beschäftigt wird, insoweit als abhängig Beschäftigter sozialversicherungspflichtig ist.

Es ergibt sich damit für die Praxis möglicherweise die interessante Gestaltungsmöglichkeit, einen Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführer von der Sozialversicherungspflicht zu befreien, ohne ihm formal eine umfassende Sperrminorität einzuräumen: indem ihm über ein Treuhandverhältnis mehrheitliche Gesellschaftsanteile eingeräumt werden.

Benjamin Zevenbergen
Rechtsanwalt

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