
10.09.2021 / Verfasser: Dr. Ulrich Nickl
Doppelstöckige Personengesellschaften verhindern im Insolvenzfall eine Inanspruchnahme nicht immer
Auch sogenannte "doppelstöckige Personengesellschaften", also Konstellationen, bei denen eine Personengesellschaft ("Obergesellschaft") an einer anderen Personengesellschaft ("Untergesellschaft") beteiligt ist, schließen eine Inanspruchnahme der Gesellschafter der Obergesellschaft bei Insolvenz der Untergesellschaft nicht in allen Fällen aus.
Dies hat der Bundesgerichtshof in jüngst ergangenen Entscheidung (Urteil vom 03.08.2021, II ZR 123/20) klargestellt.
Im konkreten Fall ging es darum, dass eine Kommanditgesellschaft (GmbH & Co. KG) an mehreren anderen GmbH & Co. KGs als Gesellschafterin beteiligt war und diese in Insolvenz gerieten. Der Insolvenzverwalter nahm daraufhin Kommanditisten der Obergesellschaft wegen Verbindlichkeiten der Untergesellschaft persönlich in Haftung. Der Bundesgerichtshof hat den geltend gemachten Anspruch des Insolvenzverwalters bestätigt.
Die Entscheidung sieht auf den ersten Blick so aus, als ob die bei der Rechtsform der Kommanditgesellschaft eigentlich vorgesehene Haftungsbegrenzung bei einer doppelstöckigen Personengesellschaft nicht mehr gelten würde. Bei näherem Hinsehen zeigt sich dann allerdings, dass der Bundesgerichtshof von seiner bisherigen Rechtsprechung und den gesetzlichen Rahmenbedingungen nicht abweicht:
Die Obergesellschaft hatte nämlich von den Untergesellschaften Ausschüttungen erhalten, die nicht durch Gewinne gedeckt waren. Somit war es zu einem Wiederaufleben der Haftung der Obergesellschaft gekommen. § 172 Abs. 3 HGB bestimmt insoweit, dass die Einlage eines Kommanditisten den Gläubigern der Gesellschaft gegenüber als nicht geleistet gilt, soweit sie and diesen zurück gezahlt worden ist. Auch die Kommanditisten der Obergesellschaft hatten solche Ausschüttungen erhalten, die nicht durch Gewinne gedeckt waren, und auch hier war es zu einem Wiederaufleben der Haftung gekommen.
Insoweit war daher die Haftung der Kommanditisten der Obergesellschaft konsequent. Dies führt letztlich dazu, dass die Gesellschafter der Obergesellschaft den Gläubigern der Untergesellschaft persönlich haften, soweit ihre Haftung nicht durch die geleistete Einlage ausgeschlossen ist.
Der Bundesgerichtshof hat in seiner Entscheidung allerdings klargestellt, dass die Gläubiger der Untergesellschaft ihre Ansprüche nicht in allen Fällen direkt gegenüber den Gesellschaftern der Obergesellschaft geltend machen können: Ist über das Vermögen der Untergesellschaft ein Insolvenzverfahren eröffnet, nicht hingegen bei der Obergesellschaft, werden die Ansprüche durch den Insolvenzverwalter geltend gemacht.
Insoweit hat der Bundesgerichtshof ausgeführt: "Die
Kommanditisten der Obergesellschaft haften gegenüber den Gläubigern der
Untergesellschaft. Diese Haftung wird in der Insolvenz der Untergesellschaft
von deren Insolvenzverwalter geltend gemacht, solange nicht über das Vermögen
der Obergesellschaft ihrerseits das Insolvenzverfahren eröffnet wurde (§ 171
Abs. 2 HGB)."
Dr. Ulrich Nickl
Rechtsanwalt